Eine am Donnerstag (4. April) in Berlin veröffentlichte Untersuchung der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) zeigt auf, dass 2,8 Prozent der deutschen Waldlfäche sich in natürlicher Entwicklung befinden. Die Bundesregierung formulierte in Ihrer Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt für den Lebensraum Wald das Ziel, dass bis 2020 der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung (NWE) fünf Prozent der Waldfläche betragen soll. Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates sagt: „Die vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderte Studie zeigt auf, dass die gesteckten Ziele der Nationalen Biodiversitätsstrategie nur in Zusammenarbeit mit der deutschen Forstwirtschaft und den Waldbesitzenden erreicht werden können“. Schirmbeck mahnte in diesem Zusammenhang auch an, den Respekt im Umgang mit den Waldbesitzenden und Forstleuten zu wahren. Wir brauchen für den Naturschutz im Wald mehr Verlässlichkeit in die politischen Rahmenbedingungen und Akteure. „Dazu gehört auch, dass gegenüber der Forstwirtschaft getroffene Zusagen zu NWE-Kulisse und Wildnisgebieten eingehalten werden“, betonte der DFWR-Präsident.

DFWR-Präsident Schirmbeck rät aber auch zur Versachlichung der Diskussion. „Auf dem ersten Blick sieht es so aus, als hätten wir nicht genug für die natürliche Waldentwicklung getan. Das greift eindeutig zu kurz, weil Naturschutz im Wald grundsätzlicher Bestandteil integrativer Waldbewirtschaftung ist. In der Studie selbst stehen jedoch nur Flächen im Fokus, die rechtsverbindlich und damit dauerhaft vor menschlicher Nutzung gesichert sind“, sagte Schirmbeck.

In Wäldern mit natürlicher Waldentwicklung finden weder forstliche Nutzungs- noch naturschutzfachliche Pflegemaßnahmen statt. Seit der Eröffnungsbilanz 2013 hat sich die Fläche mit NWE um 1.110 Quadratkilometer auf 2,8 Prozent der Gesamtwaldfläche erhöht. Die Forscher erwarten bis 2020 einen Anstieg auf drei Prozent und danach auf vier Prozent.

Die Studie habe aber auch gezeigt, dass es weitere potenzielle Flächen gibt, die bis auf den fehlenden formalen Schutzstatus die Eigenschaften einer NWE-Fläche hätten, beispielsweise an unzugänglichen Steilhängen. Schirmbeck: „Auch diese Wälder sind wertvoll und leisten einen wichtigen Beitrag für die Biodiversität, den wir in der Betrachtung nicht ausblenden dürfen. Jetzt komme es darauf an, den Waldbesitzenden Angebote auf Augenhöhe zu machen und finanzielle Anreize zu schaffen, um auch kleinere Flächen für die Erhaltung der Artenvielfalt zu sichern.

Weitere Informationen:

Vorhaben NWePP
Natürliche Waldentwicklung in Deutschland: Perspektiven und Potenziale für die Entwicklung eines kohärenten NWE-Systems (NWePP)

In der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesrepublik Deutschland wird bis zum Jahr 2020 eine natürliche Waldentwicklung (NWE) auf fünf Prozent der gesamten Waldfläche bzw. 10 Prozent der öffentlichen Wälder angestrebt. Zur Versachlichung der Diskussion wurde 2013 in einem ersten Projekt (NWE5) eine belastbare Bilanz der bundesweiten NWE-Flächen sowie eine naturschutzfachliche und ökonomische Bewertung erarbeitet. Seit 2016 wird das Folgeprojekt NWePP vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchs und Forschungsanstalt (NW-FVA) durchgeführt. Die Projektergebnisse beinhalten eine aktualisierte Bilanz der bundesweiten Flächen zur natürlichen Waldentwicklung sowie eine Analyse der Potenziale und Perspektiven für ihre Quantitative und qualitative Weiterentwicklung.

DFWR
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) gibt der Forstwirtschaft eine Stimme. Er ist die repräsentative Vertretung aller mit der Forstwirtschaft und dem Wald befassten Akteure in der Bundesrepublik Deutschland und setzt sich für die Interessen und Belange einer nachhaltigen Forstwirtschaft ein. Nachhaltige Forstwirtschaft bedeutet für den DFWR, dass Pflege und Bewirtschaftung der Wälder im Interesse ihres gesunden, stabilen und leistungsfähigen Zustandes, ihrer Multifunktionalität durch Nutzung, Schutz und Erholung und im Interesse der Landeskultur und des Umweltschutzes erfolgen – in der Gegenwart und in der Zukunft. Dies ist die Basis für rund zwei Millionen Waldbesitzende in Deutschland, die eine Waldfläche von 11,4 Millionen Hektar – das sind rund 32 Prozent des Bundesgebietes – bewirtschaften.